Freitag, 5. April 2013
Im Regen
Sie stand da und ihre Tränen mischten sich mit dem aufkommenden Regen, der ihre traurigen Tage immer begleitete. Warum sie weinte, sie wusste es nicht, und doch strömte das Wasser aus ihren Augen, glitt über ihre Nase, verfing sich kurz in der Vertiefung über ihren Lippen und fiel dann auf ihr T-Shirt. Man würde es nicht sehen, denn der Regen verbarg die Trauer und über ihre Lippen kam kein Laut. Niemand würde sich wundern und sie überrascht fragen, "Was ist denn los, Virginia?" oder "Virginia? Geht es dir gut?" "Alles in Ordnung?" Als ob es sie wirklich interessieren würde! Aber nein, sie waren nur höflich und heute würde selbst das nicht nötig sein. Beinahe bedauerte sie es, doch dann rief sie sich ihren Ruf in Gedanken und schämte sich dafür. Gefühle waren nichts für sie. Das oblag den Stärkeren und den Schwächeren, sie selbst stand in ihrer Mitte genau an dem Punkt, an dem sie es sich nicht leisten konnte, mehr zu spüren als das, was ihrem Job entsprach. Nicht, dass sie das wusssten. Brauchten sie auch gar nicht.
Der Himmel über ihr bestand ganz aus einem ereignislosen grau, heller als sie es erwartet hätte, dunkler als es gestern gewesen war. In der Mitte, wie sie selbst. Sie schwelgte einen Augenblick in der Erinnerung an die Strömung gestern, die sie so mitreißend gepackt und die Sehnsucht wiederbelebt hatte, das blaugrün des Mittelmeers, das Grau des Atlantiks. Andere würden andere Farben sehen, das wusste sie. Vermutlich würden ihnen die Differenzen auch gar nicht ins Auge fallen. Sie hatten ihre Augen verloren, seit sie sich an den Himmel verkauft hatten, für ein bisschen Technik und die Erde, die ihnen doch ohnehin bereits gehört hatte. Doch natürlich hatte ihnen der Sinn schon damals gefehlt. Nichts erkannten sie. Gar nichts.
Der Südwind strich ihr eine Strähne Haare aus den Augen und ließ sie flattern. Beinahe erschrocken registrierte sie, dass sie sich blau färbte, doch dann beruhigte sie sich mit dem Gedanken, dass der Regen sie verbergen würde und ihre schwachen Blicke auf etwas anderes richten, das mehr ihrem Fassungsvermögen entsprach. Mehr denn je spürte sie die Einsamkeit in ihrer Brust aufwallen, als umschließe sie ihr ganzes Herz mit einem Bogen aus Wasser, der sie an das erinnerte, was sie mit jedem Tag mehr verlor.
Salz. Salz, das der Wind mit sich trug und ihr in die Haare, die Augen und die Nase verstreute, den Geruch nach Heimat erzeugte, sie zurückließ, leer, einsam, weinend.
Eine Träne flog mit dem Wind in die Welt, fiel dann zu Boden und landete auf einer der roten Mohnblumen, die sie so liebte. Wie ein Tautropfen, dachte sie. Wie ein Tautropfen. Dann spülte der Regen ihn wieder mit sich und sie verlor ihn aus den Augen.



Donnerstag, 4. April 2013
Was man so schreibt...
Ich musste so lachen, als mir Luce neulich eine unserer ersten gemeinsamen Storys schickte, ich denke, damals waren wir elf, vielleicht zwölf. Ich werde sie euch nicht vorenthalten...
Luce:
Es war schon sehr spät, als die kleine Orangenpackung mit ihrer Freundin Kartoffelsack durch die Stadt nach Hause ging.
Ich:
Auf dem Pfandpfad stolperte sie, und wäre fast in das Dornengestrüpp gepurzelt, das am Rand des Pfades wuchs.
Luce:
Doch ein Flaschencontainer fing sie auf, sie war froh, doch sie wusste nicht, wer dieser jemand wirklich war...
Ich:
Über Flaschenkontainer wusste man als anständiges Behältnis nicht viel; sie blieben für sich und hatten einen zwielichtigen Ruf. Man wollte gesehen haben, wie Saftflaschen in ihren riesigen Bäuche einfach verschwanden; wie Weinflaschen und Marmeladengläser ohne weiteres von ihnen verschlungen wurden.
Luce:
Auch der Kartoffelsack hatte davon gehört und panisch griff er an, der flaschen container sprang zurück und zertrampelte dabei das wertvolle, goldene Amulett der Saftpackung, da drehte diese durch.
Ich:
Sie ging auf den Flaschenkontainer zu, prügelte mit den Fäusten auf ihn ein und schrie und klagte, bis sie heiser war. (Saftpackungen, und vor allem ORANGENsaftpackungen haben sehr hohe und zarte Stimmchen.)
Luce:
Da es ja eine Orangenpackung und keine Orangensaftpackung war, griff sie sich ein paar Orangen und warf sie auf den wütend werdenden Flaschencontainer, der darauf eine große Flaschenscherbe packte.
Ich:
Die Orangenpackung(sorry) begann wieder zu schreien und floh entsetzt vor dem riesigen Kontainer mit der Scherbe.
Luce:
Der aber rannte wie ein Behämerter hinter ihr her, doch der Kartoffelsack stellte ihm ein Bein, und der Automat flog um - direkt auf die arme Orangensaftpackung.
Ich:
Da lag sie nun, flach wie ein Brett, eingeklemmt unter einem FLASCHENKONTAINER begraben. (Saft oder nicht Saft, das ist hier die Frage...)
Luce:
Ach scheiße, ist doch egal, dachte sie, dann werde ich halt recycelt, doch dann fiel ihr ein, dass sie ja morgen zum Zahnarzt musste, und das wollte sie auf gar keinen Fall verpassen, also fragte sie den Sack um Hilfe.(Container mit c, Honk)

Ach ja, wir waren doch schon immer so blöd wie heute...
Mer-Yan



Mittwoch, 3. April 2013
Ein Flackern der Nacht, im Wind,
Ein leises Zischen, erweckt den Schatten,
Schlafend unter der riesigen Eiche,
Dem weißen Mädchen gerinnt,
Das Blut zu Klumpen.

Der Schatten erhebt sich, ersinnt,
Sein nächtliches Spiel, die Ratten,
Verschwinden erschrocken im Reiche
Der Erde, die selbst geschwind
Dem Schatten entflieht.

Ein Donnern ruft zu ihm die Geister
Von tausend gefallenen Seelen,
Die ihre Geschichten erzählen,
Verstummend dann vor dem Meister
Versammelt erscheinen.

Das Kind gefriert leise lauschend,
Von hier kann es Blitze sehen,
Und muss Schreckhaft stehen,
Während Winde, leise rauschend,
Dem Scheusal zuwehen.


Aaaaaaargs, ich kann nicht dichten, ich kann einfach nicht dichten!!!!! Falls sich jemand fragt, warum ich es dann trotzdem immer wieder versuche: Ich lerne noch und brauche einfach Übung.
Ihr müsst es ja nicht lesen...
Sorry,
Mer-Yan



Wind
Der Horizont beinahe unerträglich
weit.
Die Krümmung der Erde.
Ein Leuchten von Technik
In der Ferne,
Schiffe, die als blasse Schemen
Über die Linie gleiten,
langsam,
stetig.
Sand zwischen den Zehen
In den Haaren
Überall,
Wie tausende winzige Wesen,
Die neugierig
Alles erforschen,
Versuchen,
Wissen wollen,
Wie Kinder.
Drachen, die über mir auf
Wogenden Winden wehen
Sich drehen und spielerisch
Flattern
Ruhe in den Gesichtern von leeren
Und doch erfüllten,
Imperfekten und doch so schönen,
Einzigartigen,
wandelnden Welten.
Und der Ostwind,
Der mit immerwährender
Und niemals dagewesener Macht,
Sanft mein Gesicht kosend,
Geschichten erzählt,
Im rauschenden Rhytmus,
Flüstern, Schreien, Singen
Nachahmt,
Und mir zeigt,
Nur für mich die Welt umkreist
Und Orte besucht,
Die sonst selbst mir verschlossen bleiben.
Wind, der mir
Die Einsamkeit nimmt,
Die Lungen füllt,
Die Kälte vertreibt,
Die Hitze kühlt,
Mir hilft,
Endlich das zu finden,
Was ich bin.
Ein Versuch,
Zu verstehen.
Der nicht enden muss,
Sondern nur wehen.
Mer-Yan



Wut
Ein Hohlraum im Brustkorb,
Reserviert für Wut,
Der sich füllt,
Sobald ein Hebel in den Augen
Umgelegt wird und
Eine grüne Flüssigkeit hineinfließt,
Sich ausdehnt
Und je nach Wettereinfluß
Gefriert oder kocht.
Und die Nebenräume,
Für Güte, oder Weisheit,
Konzentration oder Freude
Zusammenquetscht oder Ausdehnt,
Sodass auch darin
Ein Hohlraum entsteht.


Hat nichts mit meiner derzeitigen Stimmung zu tun, aber ich wollte es euch nicht vorenthalten, also...
Mer-Yan