Montag, 31. März 2014
Das Abteil
Sooo, hier heute mal etwas anderes: Ein Hörspiel.
Geschrieben von einigen noch-nicht-ganz-Erwachsenen am Wochenende...
Mitwirkende: Collin, Tina, Maia, Niklas, Bruno, Tom, Luce und mir, Mer-Yan.
Coll, der Organisator hat mir gnädig die Erlaubnis erteilt unseren selbstgeschriebenen Text hier zu veröffentlichen (unter falschen Namen, natürlich :D)
Hier also unser Stück: Das Abteil


Das Abteil
*Zuggeräusche, Stimmen, Bahnsteig*
*Schritte, Tür öffnet sich*
Marie: Entschuldigen Sie, könnten Sie mir vielleicht meinen Koffer hochstellen?
Dimi: Natürlich *Ächzt*
Fritzi: *frech* Meinen bitte auch gleich, sehr freundlich…
Dimi: *Stöhn*
Ansage: Bitte treten Sie zurück, die Türen schließen selbsttätig.
André: *reißt die Tür auf* Ist hier noch Platz?
Fritzi: Jup
Marie: Bitte setzen Sie sich doch!
Dimi: *Handyklingeln* Ja, Slopakis… Ja… Nein… Ja, im Zug nach Berlin…Holst du mich ab?... Ja… Tschüss.
Fritzi: Auch nach Berlin, hm?
Dimi: *knapp* Ja. Entschuldigen Sie. *Zeitungsgeraschel*
Andi: Sie also auch?
Fritzi: *sprudelnd* Ja, genau, zum Hauptbahnhof. Ich bin da verabredet. Keine Ahnung, wie der Typ ist… Online Dating… Nja, wird schon.
Andi: Oh, mon dieu! Online-Dating! Das kenn ich!
Rückblende verpatztes Date1
*Café oder Gastwirtschaftsgeräusche. Im Hintergrund leise Musik*
*Handyklingeln*
Andi: Ja, hallo?
Carolin: Hallo, hier ist Carolin. Die von gestern. Wir hatten uns verabredet.
Andi: Ja, ich bin schon da. Wo bleibst du?
Caro: Tut mir unglaublich leid, aber meine Freundin hat vor 2 Minuten angerufen. Es ist wirklich wichtig. Es geht ihr grade nicht so gut. Ihr Freund hat Schlussgemacht… Ist ja auch egal. Tut mir leid, das wird heute Abend nichts mehr.
Andi: Wir könnten ja wann anders…
Caro: Nee, sorry.
Andi: Aber, Aber…
*Telefontuten*
Andi: Na dann, viel Glück!
Marie: Sie treffen sich mit jemandem, den Sie gar nicht kennen?! *verwirrt*
Fritzi: *unbeschwert* Ja, hab ihn im Internet kennengelernt. Und wo wollen Sie hin?
Marie: Auch nach Berlin. Ich kann dort vielleicht bei einer Tante umkommen.
Fritzi: Alle nach Berlin also…
Andi: Kein Wunder, wohin sonst?
Fritzi: Was machen Sie da?
Andi: Ähnlich wie Sie.
Rückblende verpatztes Date2
Sprecher: Samstag, der 27. Juli 2012, André und Sinah vor ihren Laptops.
*Tastaturgeräusche, jeweils Pling pro Nachricht*
Sinah: Hey, schickes Bild!
Andi: Danke, deins ist auch voll hübsch <3
Sinah: poetisch… Wo kommst du her, wo gehst du hin?
Andi: Aus Straßbourg. Zu dir natürlich. Und du?
Sinah: :D Pass auf, was du sagst, Junge! Ich wohn nicht weit weg von dir.
Andi: Wir könnten uns doch mal treffen um zu sehen, ob du im wirklichen Leben genauso bombe aussiehst.
Sinah: Na, bei deinem Aussehen kann ich da ja nicht nein sagen…
Andi: *zu sich* Ah bon, perfectement. *schreibt* Super! Wie ist es mit morgen?
Sinah: Ja, klar. Wo?
Andi: Am Parkeingang neben dem Museum?
Sinah: Perfekt! Bis morgen dann…
Andi: Träum schön!
*Pling fading*
*Hintergrund: Stadt, Vögel, Menschen*
Andi: Hey, bist du Sina?
Sinah: Nee, Sorry. Da musst du mich verwechseln.
Andi: Sicher? Ich hab mich gestern mit einer „sexysina92“ über e-dating hier verabredet und du siehst ihr verdammt ähnlich.
Sinah: Ja, ich hab mich gestern mit einem Andi24 hier verabredet, aber der sieht gaanz anders aus…
Andi: Ja, tut mir leid. Ich hatte ein falsches Profilbild…
*Schweigen*
Sinah: Immer diese beschissenen Machos mit ihren Fakebildern! Noch einmal fall ich nicht auf sowas rein! Schönen Tag noch.
Andi: Aber, Aber…
Andi: Hoffentlich wird es diesmal was. Vielleicht hätte ich doch ein echtes Bild angeben sollen…
Fitzi: Auch eine Internetverabredung?
Andi: *lacht* Ja. E-dating. Eigentlich wollte ich nach dem letzten Mal aufhören, aber dann… Naja, immer wieder versuchen…
Fritzi: *lacht auch* E-dating, da bin ich auch…
*Türöffnen*
Ansage: Wegen einer Betriebsstörung hat unser Zug leider 20 Minuten Verspätung. Über Ihre Anschlüsse werden wir Sie rechtzeitig informieren.
Marie: *ängstlich* Immer diese Störungen. Als ich sechs Jahre alt war…
Rückblende Zugunglück
Sprecher: Montag, 8. November 1991, Friedrichgrundschule, Raum 25, Nadelhöft.
*BOOOM*
*Sirene*
*Klopfen*
Frau Müller: Herein!
Direktor: Guten Morgen, Klasse 1a
Klasse: Guten Morgen, Herr Direktor!
Direktor: Ihr habt grade sicher den lauten Knall gehört.
Einzelne: Ja, der war voll laut!
Direktor: Leider ist ein Zug entgleist und beim Bauer Michel in die Scheune gefahren. Da brennt es jetzt. Da ist jetzt eine große, graue Wolke über der Stadt. Deswegen müsst ihr heute leider ein bisschen länger in der Schule bleiben.
Marie: Ich will aber nach Hause, zu meiner Mama!
Dimi: Ach, Sie sind auch aus Nadelhöft?
Marie: *traurig* Ja.
Dimi: Und dort geblieben?
Marie: Immer. Ich bin dort in den Kindergarten, die Grundschule und schließlich auch in die Realschule gegangen.
Dimi: Auf der Friedrichschule?
Marie: *freudig* Sie auch?
Dimi: Dimitri Slopakis, guten Tag!
Marie: Ach, du bist der Junge, der in der zweiten Klasse weggezogen ist! Mein Name ist Marie Anders. Sie werden sich sicherlich nicht mehr an mich erinnern.
Dimi: Doch, dunkel. Du hast dich sehr verändert…
Marie: Negativ?
Dimi: Im Gegenteil.
Marie: Danke. *verschämt lächelnd*
Dimi: Tja, Nadelhöft und seine schönen Kinder.
Marie: *erstickt* Entschuldigen Sie, ich werde eben… ähm…
*Tür öffnet sich, schließt sich wieder*
Fritzi: Ach, Sie sind aus dem selben Kaff? Merkt man…
Dimi: Irgendwie erinnern Sie mich an ein Mädchen, in das ich in der dritten Klasse heftig verliebt war…
Rückblende Eisessen
Sprecher: Freitag, 27. Februar 1993, Goethe Grund- und Realschule, Fischweiher
Dimi(klein): Fritziiiii, gehst du mit mir noch Eisessen?
Fritzi(klein): Bist du verrückt, es ist doch viel zu kalt!
Dimi: Aber läufst du wenigstens noch mit mir bis zur Almendstr.?
Fritzi: Ja, Okay. Weißt du schon, was du mal werden willst?
Dimi: Superstar, dann werde ich reich und berühmt.
Fritzi: *Lacht*
Dimi: Ihr Lachen höre ich immernoch beim Einschlafen! Ich glaube, dieses Lachen gab mir die Kraft, es besser zu machen als meine Eltern! Ich bin zwar kein Superstar geworden, aber immerhin bin ich mit viel Arbeit aufs Gymnasium gekommen und habe ein 2,7ner Abi geschafft! Und ein Kumpel hat mich dann auf die Bankerlaufbahn gebracht.
Rückblende Kumpel
Sprecher: Samstag, 14. Mai 1999, Eine Wiese in Fischweiher
Kumpel: Hey, Dima, weißt du eigentlich schon, was du nach dem Abi machen willst?
Dimi: Nee, kein Plan. Früher wollte ich Superstar werden, aber das war nur son Kindertraum.
Kumpel: Weißt du, ich hab mal gehört, dass man als Banker das große Geld machen kann!
Dimi: Und das habe ich dann auch gemacht. Ich musste meine Lehre zwar am Fließband finanzieren.
Fritzi: Was, wirklich? Sie?
Dimi: Jaja, ich habe um die 500 Fiats mitproduziert. Aber 2007 bin ich schließlich Geschäftsführer der Volksbank geworden und fahre seitdem nie wieder 2. Klasse.
Fritzi: Ähm…
Dimi: Jaja, man kennt ja die DB, die haben das 1.Klasse-Abteil anscheinend im Depot vergessen… Haha.
*Schweigen. Dann lachen*
Schaffner: *Türöffnen* Zugestiegene Fahrgäste? Die Fahrkarten bitte!
Marie: Hier bitte. *klack*
Fritzi: Da.
Schaffner: Ihre Bahncard?
Fritzi: Sekunde… hier. *klack*
Schaffner: Oh, grün… Sehr geil…
*Fritzi+Dimi lachen*
Andi: Hier, geht das mit I-phone?
Schaffner: *leicht verwirrt* Ähm… klar?
Dima: Ich möchte mich noch einmal ausdrücklich beschweren. Das ist ein erste Klasse Ticket und ich sitze hier in der 2. Klasse.
Schaffner: Ja, ähm, Entschuldigen Sie, aber da kann ich jetzt auch nichts machen… Betriebsstörung…
*Türschließen*
Fritzi: *langsam* Moment… Waren Sie… Wa… Wie heißen Sie noch mal?
Dimi: Dimitri Slopakis.
Fritzi: Ich bin Fritzi! Franziska Stein! Oh mein Gott! Warst du… wirklich in mich verliebt?
Dimi: Unglaublich! Franziska Stein! Meine Fritzi!
Fritzi: *zwinkernd* Für mein Date heute: Hellena Herz.
Andi: Hellena Herz?!?!
Fritzi: Ist was?
Andi: Lass mich raten. Du willst zum Bahnhofsvorplatz?
Frizi: Woher wissen Sie das?
Andi: Ich bin Andi24.
Fritzi: Oh. Mein. Gott.
Ansage: Nächster Halt ist Berlin Hauptbahnhof. Bitte vergessen Sie keine persönlichen Gegenstände. Alle Anschlusszüge wurden erreicht. Thank you for traveling with Deutsche Bahn today. Take care and goodbye.


Ist das einigermaßen verständlich?!
LG, Mer-Yan



Sonntag, 30. März 2014
Geschichten, die leben.
Geschichten, die lieben.
Geschichten, die sterben.



Montag, 17. März 2014
Vor dem Spiegel
Während draußen leise der letzte Windhauch verklingt sitze ich da und beobachte die Schlieren der Tränen auf den Wangen meiner teilnahmslosen Spiegelung.
Manchmal glaube ich fast, deinen Atem hinter mir zu hören, aber wenn ich mich umdrehe, dann ist da nur helles Licht und schon lange keine Geheimnisse mehr.
Ich fühle mich ausgebrannt, auf eine schmerzhafte Art leer, aber auch nicht bereit, mich zu füllen.
Reglos, ohne den Blick abzuwenden, schreie ich mir selbst ins Gesicht.
All die Vorwürfe, die du hättest machen sollen, die du immer wieder verschluckt hast.
Ich hasse dich, sage ich, aber selbst in meinem Kopf klingt es kraftlos.
Die Leere hallt. All die Worte.
Ein leises Zucken in deinen Augen, dass mir sagt, dass mein Schlag dich getroffen hat, obwohl ich nie wirklich ausgeholt habe, um dich zu treffen.
Wenn du mich ansiehst, bluten sie, schicken mir all die Verzweiflung, die du nicht herauslässt.
Ich wische die Blutstropfen auf und desinfiziere den Boden.
Sterilisiert.


Ein kleines Stück Prosa aus der Laune heraus.
Seltsamer Abend.
Ein wenig kalt.
Alles Liebe,
Mer-Yan



Sonntag, 2. Februar 2014
Momentaufnahme aus dem Mathematikraum bei geöffnetem Fenster
Es riecht nach frisch gefallenen Regen.

Der Geruch schmeckt nach Frische, nach Wald und Natur und nach dem Versprechen, dass alles auch im Staub der Stadt wachsen kann.
Es schmeckt nach Luft, nach Frieden und nach vorsichtig tastendem Frühling.
Leises Rascheln von halbgrünen Bäumen, nur mit dem Blick zu hören und unverdorben vom elektrischen Fiepen, das dauerhaft tönt.
Schieferdächer, glattgeschliffen vom glänzenden Schwimmen, ein spiegelnder Landebahnteil aus Himmelgrau.
Züngelnde Flamme aus Schornsteinrauch, verlassen, ein einsames Feuer für vergangene Minuten der Stille.
Ein Mädchengesicht, dass mit freiheitverlangenden Blicken die Gitterstäbe zu durchbrechen sucht und scheitert, am metallischen Glänzen.
Verzweifelnd nach Atemluft ringend, die immer mehr schwindet.

In den letzten Wochen war nicht so viel Zeit für Schreiben - ich hoffe, das ändert sich jetzt wieder, aber ich bin guter Hoffnung - wahrscheinlich hört ihr bald wieder mehr von mir...

Alles Liebe,
Mer-Yan



Donnerstag, 12. September 2013
Kälte
In einer taufeuchten Nacht zittern die Sterne, dachte sie und spürte die belebende Kälte der Nacht auf ihrer Stirn. Mit einem Wispern schloss sich die Tür hinter ihr, das Klacken hallte in ihren Ohren nach und verlief sich dann in der glitzernden Fläche des Eises. Dunkelheit umfing sie mit kühlen Armen und zog sie in eine Umarmung aus Schwärze und Herzklopfen. Härchen auf ihren Armen richteten sich auf und stachen gegen den seidenen Stoff der kurzen schwarzen Jacke, die sie trug. Sie hätte erfrieren müssen, doch auch wenn ihr Körper ihr die Kälte signalisierte, kam sie nicht in ihrem Inneren an, denn dort brannte noch ein Feuer. Nachdem sie um zwei vom Laternenlicht umschattete Ecken gegangen war, lehnte sie sich an eine Mauer und schloss die Augen. Rauer Stein drückte spürbar gegen ihren Rücken. Er war angenehm solide und real. Manchmal brauchte man die Berührung der Natur um wirklich abzuheben.
Gelbe Strahlen verliehen ihrem zarten Gesicht härtere Kanten und in der Dunkelheit wirkten die wohlgeformten Mandelaugen schwarz. Wäre jemand vorbeigelaufen, er wäre wohl überzeugt gewesen, einer Erscheinung gegenüberzustehen. Überirdisch, schillernd.
Das Eis kroch durch ihre Venen. Gefühle in den Gliedern hatte sie schon lange nicht mehr.
Eiskalt. Die schwarzen Augen schlossen sich und öffneten sich wieder und die Kälte war angekommen. Füllte sie aus. Komplett.
Eingefroren.

Passend zum vorzeitigen Wintereinbruch,
Eure
Mer-Yan



Freitag, 19. Juli 2013
Manchmal.
Manchmal, wenn die Welt einfach zusammenbrach und über ihr einstürzte wie das baufällige Haus hier es wohl bald tun würde, dann, ganz manchmal, brach ihr Schutzwall einfach zusammen. Manchmal weinte sie dann und lag in seinen Armen und auch wenn es ihn grämte, wie traurig sie war, zählten diese Augenblicke doch zu den schönsten, denn dann waren da keine Mauern und SIE, die einzig Wahre, unverhüllte Jirha brach durch und zeigte ihm ihr schönes, unendlich trauriges Gesicht.
Doch dann zerbrach auch sein Herz, denn es war zu viel Trauer da, für einen Menschen und auch für zwei. Sie war so viel stärker als er, stark und mutig, denn sie musste diese Last wohl immer tragen. Wie sie das aushielt wusste er nicht, aber er wusste vieles nicht, von ihr. Sie schien immer so groß und er fühlte sich oft unendlich klein, unwichtig und schwach. Natürlich hatte sie davon keine Ahnung, wie auch, wenn sie so viel über ihm stand. Eigentlich war alles aus ihrer Feder, aus ihrem Kopf, aus ihrer Stärke gekommen, was sie in diesen letzten, seltsamen Jahren geschaffen hatten. Nichts davon hätte er ohne sie geschafft, es war ihr Verdienst, eine Wahrheit die sie abtat wie eine Lüge. Schuldgefühle drückten ihn oft, weil er ihr stahl, was sie so sehr verdiente: Anerkennung und Ruhm, die ihr gebührten und ihm nicht, aber wie vieles anderes machte sie das nur wütend. Er solle sich nicht lächerlich machen, sagte sie dann, er würde schließlich die Arbeit machen und sie ihm nur gelegentlich helfen. Eine Lüge, wie gesagt.
Aber in den Augenblicken die waren wie dieser, da war er einzig nützlich und sie brauchte ihn, nicht umgekehrt und darüber war er seltsam glücklich.
Sie brauchte auch ihn.
Und er war nicht allein.
Würde es nie sein.

Mer-Yan



Dienstag, 9. Juli 2013
Wolken
"Wenn deine Welt beginnt, auseinanderzubrechen, dann sieh dir die Wolken an, Mia", hatte ihre Mutter damals immer gesagt.
Auseinander brach ihre Welt ganz eindeutig und Mia hätte den Rat nur zu gerne befolgt, aber es waren keine Wolken da, ganz im Gegenteil, der Himmel leuchtete in den strahlendsten Farben und irgendwie kam ihr das vor wie eine persöhnliche Beleidigung. Es wäre ihr richtiger vorgekommen, hätte es geregnet.
"Ist etwas, Lady?", fragte ihr Ratgebe Neimard mitfühlend, der ihrem Blick aus dem Fenster gefolgt war.
Mia nickte nur müde, wie immer, wenn jemand sie irgedetwas fragte.
Neimard hob fragend die Augenbrauen.
Verdammt. Mia dachte nocheinmal nach und schüttelte dann rasch den Kopf.
"Nein, natürlich nicht, meine ich. Ich bin nur etwas müde."
Das war untertrieben, aber nicht der Grund für die Schwermut, die sie seit dem gestrigen Abend drückte...

Mer-Yan



Montag, 1. Juli 2013
Auszeit
Sie stand da, am Abgrund mit dem Stahlgeländer, an dem sie immer gestanden hatte und immer stehen würde, wenn etwas sie aufwühlte und sie einen winzigen Augenblick Ruhe brauchte, Ruhe vor ihren Freunden und ihrem Volk, Ruhe vor den Aufgaben und Pflichten, die sie drückten wie eine Schraubzwinge und vor ihren Gedanken, so viel schlimmer als alles andere. Natürlich konnte sie sie auch hier nicht ausschalten - kein Mensch konnte jemals aufhören zu denken, wenn er denn nicht starb - aber hier, an diesem Ort fanden sie zur Ruhe und der rasende Strudel, der sonst ihren Kopf beherrschte und all die schönen Frachtschiffe in die Tiefe zog wurde langsamer, die See beruhigte sich und wurde glatt, Windstille.
Es war ein schöner Ort, viel zu schön für dieses schreckliche, enge Schloss, von einer bizarren, fesselnden Eigenart. Vielleicht waren es die steilen, abfallenden Felsen mit ihren schwarzen Zacken und Kanten, oder es waren die hohen, naturgewaltigen Nadelbäume, die sich mit unglaublich winzigen Wurzeln am Gestein festhielten und die knochigen Wipfel dennoch so stolz in die Höhe reckten. Vielleicht war es auch der kleine Bach, der sich am Grund der Schlucht, ganz weit von ihr entfernt durch einen Laubwald schlängelte und wer weiß was für Fische beherbergte, der hier nach oben kleine Strahlen von Sonne sandte, die ihr ein wenig in den Augen stachen, aber so, dass es noch angenehm war. Vielleicht war es auch etwas anderes.
Sie liebte diesen Ort. Etwas in ihr legte sich schlafen und hinterließ eine warme, angenehme Leere. Aber auch wenn sie schön war, sie war Leer.
Und Merry spürte, wie kalt ihr in den letzten Tagen geworden war und wie angespannt ihr Kopf sich anfühlte, wie ein überdehntes Gummiband. Sie spürte, wie lange sie schon nicht mehr geschlafen und sich ausgeruht hatte.
Und sie spürte, wie gerne sie jemanden gehabt hätte, der jetzt neben ihr stand, jemanden der sie festhielt und der sie verstand und der ihre Ruhe teilen konnte, damit sie sich anlehnen konnte und nicht immer alleine stehen musste.
Eine Weile sann sie dem Gedanken hinterher, dann drehte sich Merryande um und schritt langsam zurück in den Palast, den Kopf gehoben und die Schultern durchgestreckt, so wie sie es immer tat und wie es von ihr erwartet wurde.


Mer-Yan



Sonntag, 30. Juni 2013
der Menschenangler
der Menschenangler



Freitag, 21. Juni 2013
der Lesend-Laufer
der Lesend-Laufer