Donnerstag, 17. Januar 2013
die Herrin
Von hinten sah man nur ihre schwarzen Haare, die offen über ihren Elfenhaften Rücken fielen und sich über der Stuhllehne kringelten.
Im düsteren Raum wirkte ihr buntes Strandkleid und die Packung Hustenbonbons fehl am Platz. Ansonsten war das Ambiente perfekt.
Zwei Kerzen, die mit ihren eigenen Wachsfäden am Tisch angebracht waren, spendeten ihr schwaches, flackerndes Licht und ließen das Ebenholz noch dunkler wirken. Ein altes Tintenfass und eine Feder lagen neben ihr, darunter ein Stapel echten Pergaments. Eine Rose in vollster Blüte erhob sich auf der anderen Seite elegant aus der schwarzen Vase, doch die Blätter vertrockneten bereits.
Das wohl unheimlichste der ganzen seltsamen Ansammlung von unheimlichen Dingen waren die verschienden großen Knochen, die fein und beinahe unrealistisch ordentlich aufgereiht waren.
Der lange dunkle Flur, durch den ein Besucher auf sie sehen konnte, verstärkte noch die abgehobende, überirdische Wirkung.
Wie immer zögerte er kurz, bevor sich seine Füße wirklich in den Raum wagten. Im Unterschied zu den Verirrten, die hier manchmal herkamen, erschrak er schon lange nicht mehr wenn das Laufband am Boden ansprang und ihn lautlos auf den Schreibtisch zutrug.
Als er schließlich am Ende des engen Flures angekommen war, kniete er respektvoll an der dafür vorgesehenen Stelle nieder und wartete geduldig, bis die Herrin bereit war, ihn zu empfangen.
Nach einigen Augenblicken erhob sie sich in einer fließenden Bewegung von ihren Aufzeichnungen und trat vor ihn. Er blickte hoch. Obwohl sie sich kleidete wie die Menschen der modernen Welt, sah man das jenseitige nur zu deutlich. Die grünen Augen leuchteten zu sehr in ihrem blassen Gesicht, die Haut und Züge zu ebenmäßig, das Haar zu glatt, das Kleid floß zu sanft und elegant über ihre schlanke Gestalt, als es ein gewöhnliches getan hätte.
Der Blick der Herr in stach in seinen und saugte sich daran fest. Wieder verging eine Weile, dann nickte sie leicht und bedeutete ihm, sich zu erheben.



Jaja, typisch Fantasy, ich weiß...
Mer-Yan