die Hexe
Sie geht langsam mit gesenktem Kopf durch die Straßen. Die scharf abgeschnittenen Pflastersteine schneiden in ihre Fußsohlen, die bereits wund sind. Irgendwann wird sie eine Blutspur hinterlassen. Vielleicht werden sie es für ein Zeichen des Teufels halten, so wie alles? Als ob sie wüssten, was der Teufel ist. Als ob sie auch nur eine Ahnung davon hätten, wie sich die Hölle anfühlt.
ryan tedder am 05. Mai 13
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Existenz
Minutenlang starrte sie auf ihr Bild in dem kleinen, strahlenden Teich, der sich unter ihr ausbreitete und einem kleinen Frosch Heimat bot, der jetzt an ihr vorbei ins Wasser hüpfte und das seltsame Abbild ihres Ichs in Kreisen verschwimmen ließ, während sie immer noch darauf starrte und das Wasser nicht sah. Ihr Kopf war voller Fragen.
Das war sie? Das war die Hülle des Ichs, das sie in ihrem Kopf herumtrug? So sahen sie also die anderen. Auf seltsame Weise passt ihr der Körper nicht, der sie mit sich herumschleppte. Sie war nicht hässlich, keine Frage, manch ein von Hormonen geblendeter Mann hätte sie vielleicht sogar schön gefunden. Das schwarze, beinahe grünlich schimmernde Haar, graue Augen, streng zusammengekniffen, fast stechend.
Die Vorstellung, dass jeder andere sie so kannte, außer ihr selbst war beinahe zum Lachen. Was mochten die anderen wohl denken, wenn sie nicht ihr inneres Ich kannten, sondern nur dieses absonderliche Mädchen mit dem schönen Lippen und dem schlanken, fast noch knabenhaften Körper?
War ihr Körper in ihren Gedanken ebenso Teil ihrerselbst wie ihre Worte und Taten? Vermischte es sich in ihren Köpfen zu einer Einheit? Wie mochte diese Einheit wohl aussehen, fragte sie sich, wie mochten sie sie empfinden, wie ansehen. Bisher hatte sie in ihren Blicken nur den Blick auf sich selbst gesehen. Aber das war es ja auch, nur auf einen Teil von sich, den sie nicht kannte.
Verwirrende Gedanken, dachte sie, und scheuchte sie weg, indem sie aufsprang und davonrannte. Natürlich hatte sie sich schon einmal im Spiegel der Natur gesehen, aber das war meist bei Jagden, beim Wasserholen, beim Schwimmen. Nie war sie auf den Gedanken gekommen, sich lange damit aufzuhalten, wie sie aussah. Eigentlich war es auch ziemlich irrelevant. Aber jetzt, wo ihr langsam bewusst wurde, dass ihr Körper einen Teil von ihrem Ich bildete machte sie sich langsam darüber Sorgen. Sie wünschte, sie hätte einen anderen Körper. Einen, der besser zu ihr passte. Größer. Stärker. Mehr... mehr wie eine Wilde als wie ein falsch angezogenes Stadtmädchen. Denn das war sie schon so lange nicht mehr. Kein Mädchen, dass sich Blumen in die Haare flocht. Eine Kriegerin, oder wenn nicht das, dann doch auf jeden Fall eine Kämpferin, denn das tat sie doch jeden Tag: Sie kämpfte um ihr Leben.
Später, als sie ein paar Kaninchen über einem Feuer räucherten, fragte sie Milan danach. Er lachte laut auf und wuschelte ihr durch die ohnehin zerzausten Haare.
"Nadja, Nadja! Was du dir für Gedanken machst. Hast du vor, dir demnächst Kleidchen zu kaufen und durch den Wald zu springen und geziert zu lachen?"
"NEIN", schrie sie, entsetzt, was er von ihr dachte. Er lachte noch lauter.
"Na siehst du. Dein Körper ist doch gut so, wie er ist! Außerdem, was schert dich schon dein Körper, solange er funktioniert."
"Ich finde, er passt nicht zu mir!", murmelte sie.
"Natürlich passt er zu dir. Is schließlich deiner."
"Vielleicht sollte ich mir die Haare abschneiden."
Darüber dachte er nach und zuckte schließlich die Schultern.
"Wenn es dir hilft..."
Sie nickte, dann rannte sie weiter, fand Pelli in einem Baum sitzend und kletterte zu ihm hinauf. Er rührte sich nicht, wie immer, aber das war ja keine Überraschung. Kopfüber hängte sie sich an einen Ast, der über seinem Gesicht baumelte und legte sanft ihren Kopf auf seine Schulter, worüber er nun doch schmunzeln musste.
"Hallo, mein Mädchen", sagte er zärtlich, die tiefe Stimme ließ seinen Körper leicht brummen.
"Hallo Pater", zwitscherte sie, und versuchte mit der Hand an das Messer in seinem Gürtel zu kommen, doch selbstverständlich schnappte er es ihr wieder weg, die Bewegung rasch und viel geschickter, als man es von dem alten Greis erwarten konnte.
"Ich will mir die Haare abschneiden", erzählte Nadja.
"Das brauchst du nicht im ganzen Wald herumzuschreien. Ich wusste es ohnehin. Wirst du es Marie machen lassen?"
Das wusste sie nicht. Eigentlich hatte sie sich auch noch keine Gedanken darüber gemacht, wie sie ihre Frisur verändern wollte, sie wusste nur dass und das musste schließlich alle interessieren.
Mer-Yan
ryan tedder am 05. Mai 13
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GEFANGEN
Sie saßen in einem Café und lachten. Sorge kannten ihre fröhlichen Gesichter nicht und auch die Härte der Welt ließ sie unberührt. Freunde, Spaß, Normalität.
Für einen Augenblick wirkten sie fast beneindenswert. Dann bildeten die Gedanken sich wieder und nahmen das Künstliche wahr. Sie waren cool, sie waren lustig. Gut. Doch kannten sie wahres Glück? Wahre Freude? Was waren schon unwichtige, alltägliche Belanglosigkeiten, eine Clique und die moderne Gesellschaft? Nichts. Beinahe nicht da, verglichen mit dem Ziel, mit der Belohnung.
Sie sind nichts!
Wahrscheinlich würden sie niemals erkennen, wie sehr sie ihr leben verschwendeten. Auf ewig in ihrer eigenen, beschränkten Welt gefangen.
Beinahe lächerlich.
Keine Ziele, keinen Sinn, keine Hoffnung.
Gut, sie waren cool, beliebt.
Doch beliebt bei wem? Bei den Menschen der heutigen Welt. Geblendete, beschränkt wie sie, unwichtig, verschwendet wie sie, hoffnungslos, ziellos wie sie, im Tunnel, GEFANGEN wie sie.
SIE drehte sich um.
Das Lachen blätterte von ihrem Gesicht.
Mer-yan
ryan tedder am 05. Mai 13
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Mittsommernachtstraum
Puck: Manchmal gibt es Tage, die sind einfach grenzenlos. Aber selbst diese glücklichen Stunden sind nichts im Vergleich zu diesen Nächten. Diese Nächte, in denen sich die Welt auflöst und neu zusammensetzt. In diesen Nächten, in denen ich lebe. Nur in diesen Nächten.
Nilian: Ich weiß nicht, ob ihr an Feen glaubt. Ich denke, manche von euch werden sagen: 'Ja natürlich'.
Aber die meisten sagen: 'Nein, ich bin doch nicht verrückt.' Man kann es so und so sehen. Ich glaube selber nicht, dass ich an Feen glaube. Aber ganz sicher weiß ich es nicht.
Mia sagt, sie glaubt an Feen. Aber Mia sagt auch, ich sei ein Naturgeist und würde gar nicht wirklich existieren, und deshalb weiß ich nicht genau, ob ich ihr die Sache mit den Feen glauben soll, denn ich weiß sehr wohl, dass ich existiere, denn ansonsten könnte ich ja wohl unmöglich schreiben, oder? Völlig unmöglich.
ryan tedder am 05. Mai 13
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Prosa
Hier findet ihr alle unser prosaischen Schriften.
OMG wie das klingt...
ryan tedder am 05. Mai 13
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