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Dienstag, 10. Juni 2014
Bonhoefer
Hier ein Text aus der Schule, der mir allerdings recht wichtig geworden ist. Behandelt wird das Thema des stillen Widerstandes und auch dieser faszinierende Mensch an sich. Eine Hommage an Dietrich Bonhoefer.
4. Widerstand gegen das NS-Regime am Beispiel Dietrich Bonhoeffers
Durch die geschickte Propaganda und die einschüchternde Politik der Nationalsozialisten war es von Beginn an schwer, offenen Widerspruch gegen deren menschenfeindliche Haltung zu äußern. Auch die christliche Kirche, ebenso verblendet wie alle anderen, bildete hier keine Ausnahme und stellte keine Gefahr für die Machtergreifung Hitlers dar. Die evangelische und auch die katholische Kirche gliederten sich bald in das neue System ein. Doch nicht alle Christen standen dieser Entwicklung positiv gegenüber.
Zu ihnen zählte auch der 1906 geborene Dietrich Bonhoeffer. Schon jung an der Theologie interessiert, studierte er erfolgreich, habilitierte früh und hielt bereits 1931 seine erste Vorlesung an der Berliner Universität. Entgegen der allgemein immer weiter verbreiteten Sympathien zum Nationalsozialismus sprach er sich bereits zu dieser Zeit gegen deren Meinung aus. Auch gegen die Ernennung Hitlers als Reichskanzler hatte er deutliche Vorbehalte. Sein Radiovortrag „Wandlungen des Führerbegriffes“, in dem er davon spricht, dass eine machthabende Person diese Macht nicht missbrauchen darf, indem sie sich selbst zu viel Macht zugesteht, wurde abgebrochen und als Führerfeindlich verurteilt.
Stand er der Judenpolitik Hitlers zunächst nicht ausschließlich kritisch gegenüber, so verfestigte sich seine Meinung, die antisemitische Haltung sei christlich nicht vertretbar, besonders nach dem 1933 erlassenen Arierparagraph, der jüdischstämmigen Menschen die Teilnahme an christlichen Organisationen verbot, doch immer mehr. Er fühlte sich bald als Christ verpflichtet, gegen die Regierung vorzugehen.
Nachdem er aber mit seinem Aufruf zu einem christlichen Widerstand auf taube Ohren traf und die Deutschen Christen immer mehr die evangelische Kirche bestimmten, beschloss er, eine Pfarrstelle in England anzunehmen, da er sich Deutschland immer mehr in eine oppositionelle Außenseiterrolle gedrängt fühlte . Während sein Freund und Briefpartner Karl Barth zu dieser Zeit in Deutschland 1934 als Opposition gegen die Deutschen Christen die Bekennende Kirche gründete, versuchte Bonhoeffer im Ausland die junge Ökumene von seiner Sache zu überzeugen und knüpfte Kontakte in der ganzen Welt.
Er hielt es aber nicht lange aus, das Geschehen in Deutschland aus der Ferne zu beobachten und folgte schließlich tatsächlich den drängenden Bitten Barths, nach Deutschland zurückzukehren. Zunächst leistete er dem Regime nur Widerstand, indem er angehende Pfarrer der Bekennenden Kirche unterrichtete, fasste jedoch bald die Entscheidung, dass das nicht ausreichte. Als einer der wenigen Theologen im dritten Reich leistete er aktiven Widerstand und schloss sich aufständischen Gruppen an.
Als die Gestapo 1940 ein von ihm geleitetes Seminar schloss und ihm zunächst ein deutschlandweites Redeverbot, später ein ebensolches Schreibverbot auferlegte, nahm er Kontakt zu seinem Schwager, dem Widerständler Hans von Dohnanyi auf. Im Haus von Bonhoeffers Eltern fand sich eine antinationalsozialistische Gruppe um Dohnanyi zusammen, an der auch Dietrich Bonhoeffer teilnahm. Er war nicht eindeutig in die Attentatspläne der Gruppe involviert, unterstützte diese aber auf jeden Fall .
Die Attentate schlugen mehrfach fehl, und blieb zunächst die Teilnahme Bonhoeffers und Dohnanyi an diesen unbewiesen, so standen sie doch bald unter Verdacht und wurden 1943 verhaftet. Der Prozess konnte zunächst von Karl Sack, einem Widerständler im Heeresgericht, aufgehalten werden, wurde aber 1944, nach einem weiteren fehlgeschlagenen Mordversuch, wieder aufgenommen. 1945 ließ Hitler die beiden gemeinsam mit einigen weiteren Widerständlern in einer Scheinverhandlung zum Tode verurteilen. Nach zweijährigem Gefängnisaufenthalt wurde Dietrich Bonhoeffer am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg erhängt.
Bonhoeffers Briefe und Texte zeichnen das Bild eines Mannes, der in der schwierigen Zeit des dritten Reichs immer wieder mit seinem Glauben ins Hadern kommt und zwischen zwei festen Überzeugungen schwankt: Dem christlichen Glauben an das Gute im Menschen, denn wie er schreibt „[glaubt er], dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will“ , und der Einsicht dass das Handeln Hitlers und der Nationalsozialisten gestoppt werden muss.
Immer wieder betont er, dass das herrschende System falsch ist und die antisemitische Haltung nicht christlich belegbar. Denn, so schreibt er in seinem Gedicht „Christen und Heiden“, Jesus Christus „stirbt für Christen und Heiden Kreuzestod und vergibt ihnen beiden“ , vertritt also das Recht aller Menschen, egal welcher Religion und Herkunft. Als Gegenpol zu den Deutschen Christen stellt er sich offen gegen das Regime.
Im Gefängnis versöhnt sich Bonhoeffer mit sich selbst und gibt noch von dort aus seiner Familie, seinen Mitgefangenen und dem immer schwächer werdenden Widerstand Mut und Stärke. Seine Briefe und Gedichte sprechen von einem inneren Kampf, aber auch von einem festen Glauben, der ihm hilft, an seiner Überzeugung festzuhalten.
Bonhoeffer stirbt aufrecht den Märtyrertod, den er bereits in 1932 in einer Predigt kommen sieht:
„Dann müssen wir uns nicht wundern, wenn auch für unsere Kirche wieder Zeiten kommen werden, wo Märtyrerblut gefordert werden wird.“