Dienstag, 29. Januar 2013
Asphodeliengrund
Die Kälte, die gewöhnlich von der Einsamkeit herrürte, hielt seine Glieder erstarrt. Seine Hände waren so eisig, dass sie jegliche Bewegung versagten. Er zitterte. Doch allein war er nicht.
Er konnte die Wärme des Lagerfeuers noch beinahe spüren, die Flammende Hitze auf seiner Haut, das gute Gefühl der Geborgenheit. Das Lachen. Doch sie erreichten ihn nicht bis hierher. Nichts helles drang an diesen Ort. Es gab nur die Stille - und den seelenlosen Frost.
Ihm kam der gleichgültige Gedanke, dass man eigentlich Atemwolken sehen müsste. Bei dieser Masse von Menschen.
Wie viele mochten es sein? Er wusste es nicht. Je länger man in eine Richtung sah, desto weiter in die Ferne reichte die unendliche Schattenmenge im Dunkeln. Schweigend.
Er versuchte, seinen Blick in Bewegung zu halten und nur auf die stummen Kreaturen in seiner Nähe zu achten. Scheinbar waren es Menschen - nach Figur und Größe zu schließen. Mehr... sah er nicht? War es sehen? Das traf es auf seltsame Weise nicht. Es war eher ein fühlen mit den Gedanken. Panisch tastete er nach seinem Gesicht. Er fand nichts. Es war als griffe er ins Leere. War das eine Täuschung der Sinne, oder war er tatsächlich... nicht da?
Er fröstelte noch stärker. Woher kam bloß diese Kälte? Hätten die anderen Leiber nicht zumindest etwas Wärme abgeben müssen? Körperwärme? Und warum sprach niemand. Sein Herz raste und stockte immer wieder. Sein Inneres fühlte sich an, als sauge jemand alles heraus und ließe nur Leere zurück, endlose, furchtbare Leere, so wie die Gesichter der Menschen um ihn herum, wie dieser ganze, schreckliche Ort. Leer. Das Wort hatte etwas endgültiges.
"Hallo?", flüsterte er zitternd in die Menge, nur um sich weniger einsam zu fühlen. Nichts. Nicht mal ein leises Rascheln, ein Atemholen, eine Bewegung. Nichts.
Panisch wandte er sich noch einmal im Kreis. Immer nur das selbe.
Raus.
Er wollte raus.
Rennen.
Hektisch bewegte er sich durch die Schatten. Wurde immer schneller. Bekam keine Luft. Erstickte fast. Erreichte kein Ende.

Er fährt hoch.
"Was war das?", schreit er sie an.
"Dein Tod", antwortet sie, "der Asphodeliengrund."




Ich mag griechische Mythologie...
Mer-Yan



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