Sonntag, 9. November 2014
Tagebuchfragment
Tanze in deinen Armen bis
Das Sternenlicht in meinen Venen pocht
Und lache, nur um dein Lachen
Als Antwort zu sehen.

Sollte öfter ausmisten...
Alles Liebe,
Mer-Yan



Donnerstag, 6. November 2014
Und während Wassserschatten lebenslustige Gedanken flackern lassen,
Lässt mein Wahrheitssinn mich einsam in den Straßen sitzen,
Die Spiegelungen hell erleuchtet haben und durch die Schatten von Persönlichkeiten schweigend ihre Wege durch die Menge bahnen.
Leben, die aneinander vorbeistreifen, sich abtasten und
Schutzhüllen zur Glücksabwehr
Aus Kindheitstraumata und Ängsten, nur in Träumen ausgegraben, bilden.
Wiederholungswerfer, Schattenspiele
Und das ewige Aufbegehren der Gleichheit schein mir in meinen Augen aufzuleben,
Sich weiter zu verbreiten, seuchenhaft.
Und meine Schutzkleidung hängt
In Fetzen herunter, aus Metaphern und Rhetorik geschmolzen
Und mit Satzzeichen versiegelt,
Sind sie mehr als anfällig für Banalität.

Alles Liebe,
Mer-Yan
P.S: Grüße an meine ehemalige Deutschlehrerin - f*** you, ich liebe Bandwurmsätze trotzdem.



Samstag, 18. Oktober 2014
Geometrie
Ich versuche, Spuren zu hinterlassen.
In einer Welt aus Glas und Sterilisation
Versuche ich zu kratzen
Mein Existenzminimum an Dreck zu erreichen
Und Schlamm in der Eingangshalle zu verteilen.
Ich versuche zu schneiden,
Weil Wunden Narben hinterlassen
Und Narben Erinnerungen sind.
Aber letztenendes,
Letztenendes werde ich wohl immer
Eine Tangente bleiben.
Berühre andere Leben,
Aber schneide sie nicht.

Alles Liebe,
leicht depressive
Mer-Yan



Gras
Ich könnte stundenlang

Grashalme betrachten.
Federleicht, die ihre Spitzen müde aneinanderlegen
Und in alle Richtungen abstehen.
Von hinten beleuchtet wirken sie
Wie Designlampen.
Von fluoreszierenden Spinnfäden verbunden,
Die im Sonnenlicht wehen.
Gras in der schrägen Herbsteinstrahlung
Wie Mikadostäbe mit
Schatteneinkerbungen.
Wackeln im Gelächter.

Ich habe grade wieder viele von ihnen
plattgesessen.

Alles Liebe,
Mer-Yan



Samstag, 4. Oktober 2014
1. Variation
Ein erster Versuch, eine erste Variation des Themas "Wahrheit oder Pflicht", sonnentrunken und eigentlich glücklich geschrieben...

Und wenn ich mir selbst ins Gesicht sehe und sage:
„Komm schon, lass uns Wahrheit oder Pflicht spielen“,
Dann bin ich innerlich schon lange dabei, mir eine Pflicht auszudenken.
Das fällt mir nicht schwer, da gibt es so viele Möglichkeiten.

Ich könnte die Welt retten,
und mal wieder ausgehen,
Ich könnte leiser reden,
und manchmal lauter schreien.
Und manchmal, da hätten
Wir einfach gern mal wieder gelacht.

Ich könnte mein Zimmer aufräumen
Und mal wieder Oma anrufen.
Ich könnte eine alte Freundin treffen.
Und mich in die Welt verlieben.
Und manchmal, da träumen
Wir, wir wären glücklich aufgewacht.

Ich könnte meine Schulden zahlen
Und wieder Lieder singen.
Ich könnte langsam durch die Straße gehen
Und mal wieder pünktlich kommen.
Und manchmal, da malen
Wir uns aus, wie es wäre, zu weinen.

Ich könnte Poesie verschenken
Und mal wieder Licht anzünden.
Ich könnte Fechten lernen
Und die Gerechtigkeit verteidigen.
Und manchmal, da denken
Wir darüber nach, zu verneinen.

Ich sehe mir ins Gesicht.
Sage: „Wahrheit oder Pflicht?“

„Wahrheit“, sage ich.
Und dann frage ich mich ganz leise,
Was ich überhaupt noch von mir selbst wissen will,

„Komm schon“, sage ich dann, „Nimm Pflicht.“

Alles Liebe,
Mer-Yan



Mittwoch, 30. Juli 2014
Outsider
Wir sind in der Restmüllverwertung gelandet,
Als ihr euer Schubladensystem ausgemistet habt.
Denn wir sind nicht recyclebar.

Wir werden verbrannt,
Wie Beweismaterial,
Wenn ihr die Sünden eurer Welt zu verdecken sucht,
Und dabei sind wir die einzigen, die sie vergeben könnten.

Ausgemusterte Gefühlsregungen?
Ab damit in die Wertstofftonne!
Aber pass auf, dass du deine Homosexualität ja in den Restmüll tust!

Wie, du hast Zweifel?
Sofort in die Waschanlage und dann schnell neuen Lack!
Das können wir doch nicht zulassen, dass du dich so schmutzig machst!

Du passt nicht ins Bild!
Am besten wir streichen dich aus dem Skript.
Die Menschheit ist doch sonst verwirrt.

Das verstehe ich nicht,
Das musst du korrigieren,
Das kann nicht stimmen.

Dieses Wort sieht komisch aus.
Delete!

Wir sind in der Restmüllverwertung gelandet,
Denn wir sind nicht recyclebar.



Ihr seht, das Thema beschäftigt mich. Kann sein, dass noch weitere Texte dieser Art kommen, bis ich endgültig zufrieden bin...
Alles Liebe,
Mer-Yan



Samstag, 26. Juli 2014
Fuck labelism
Wenn ich über die Straße gehe,
dir in die Augen sehe,
Schaust du zurück und ich kann sehen, wie dein Schubladensystem greift.
Wie du Ordnung in deine Gedanken bringst,
Einen Aufkleber rausholst um mich auch ja richtig zu beschriften
Und zur Not die Informationen,
die du aus meinem Gang zu sehen glaubst,
auf die richtige Größe Zuschneidest.

Wenn ich dich anspreche,
Rattern schon die Zahnräder und setzen die Roboter in Gang
Um jedes Teil von mir ins richtige Regal zu stellen.
Ich sehe, wie sie alles, fein säuberlich zerlegt,
Unterbringen und abnummerieren,
In die Steuererklärung eintragen und sich einen Vermerk in den Fußnoten machen.

Wenn ich dir wirklich in die Augen sehe,
Dann erkenne ich, wie etwas in deinen größer wird,
Wie deine Festplatte überhitzt und wie du verzweifelt mit der Schere herumwirbelst.
Weil ich nicht reinpasse in deine Schubladen
Und keines deiner Regale die passende Beschriftung für mich trägt.

Warum versuchst du es nicht mal mit Chaos?
Wirf die Regale um und verstreu den Inhalt deiner gut gehegten Schubladen
Auf dem Zimmerboden.
Dann reiß die Zimmerwände ein und lass alles hereinregnen,
Lass eine Druckwelle entstehen,
Die überall die Wände niederreißt,
Und lass uns aufhören mit dem Beschriften.

Die Welt behauptet,
Sich entwickelt zu haben.
Wir sind doch, hier in Deutschland, alle aufgeklärte Leute.
Wir haben studiert,
Wir leben nach dem Buch und unser Allgemeinwissen steht hoch im Weltrang.

Ja, doch, wir haben viel gelernt und können unsere Welt verstehen.

Ihr habt tatsächlich geglaubt, ihr hättet die Welt in eure Schubladen sortiert.
Und was ist passiert, mit den überstehenden Teilen?
Wo habt ihr die Abfälle entsorgt, die entstehen,
Wenn ihr an allen Enden Teile absägt?

Hört endlich auf, uns einzuteilen!
Wir sind nicht rationalisierbar!
Was ist das für ein Zwang, alles zu benennen?
Sprache reicht weit, aber wahre Schönheit liegt doch immer im Unaussprechlichen.
Im Unbegreiflichen.

Haben tausende von Jahren Existenz nicht gereicht um zu verstehen, dass wir niemals alles verstehen können?

Mer-Yan



Donnerstag, 3. Juli 2014
Höchst impressionistische Augenblicke...
Impression2
Impression

Mer-Yan



Halbschlaf
Müdigket
langsam,
Tropfen

für

Tropfen

einsinkend.

Kopfkissensehnsucht,
Flimmern am Sichtfeldrand
Traumreste,
Vogelflaumfedern
die meine Ged
anken
voneinander trennen.
Zeitlupengeistesblitze
Wie Danebengreifen beim Werfen
Wie über-den-Ball-schießen
Wie stolpern
sind meine Worte.

M-Y



Sonntag, 15. Juni 2014
Altes Neu - Zwei
Ebenfalls beim Kramen entdeckt...
Irgendwie passt es, finde ich.

Verworfene Ideen


Kramen in Stapeln von vergessenen Ideen.
Ein Stück herausgreifen.
Ansehen, verstehen.
In Gedanken weiterarbeiten
In Wirklichkeit verstauben lassen.
Bis man es
irgendwann
Wiederfindet.
Erneut beginnt zu basteln.
Ein vollständiges Werk,
Und in der Hand eine einfache Skizze.
Müde den Kopf schütteln.
Die Pläne achtlos in der Atmosphäre verschwinden lassen.
Irgendjemand findet es dann,
Mitten in den Sternen,
Und wundert sich.

Alles Liebe,
Mer-Yan